Geschichte der Gemeinde

Ende des 6./Anfang des 7. Jahrhunderts wanderten slawische Stämme (Wenden bzw. Westslawen oder Elbslawen) in die Region ein und fanden ein Gebiet vor, das seit einigen Jahrhunderten nahezu unbewohnt gewesen war. Germanische Bewohner hatten früher dieses Gebiet lange genutzt, doch als der Boden nichts mehr hergab, wanderten sie aus. Schon bald expandierten die Slawen in germanisches Gebiet und die nicht weit entfernt siedelnden Germanen in slawisches Gebiet, was zu Problemen führte. Karl der Große schloss um 810 einen Vertrag mit den Slawen und begründete den „Limes Saxoniae“, eine Grenzlinie zwischen den Slawen und Germanen. Zwei bis drei Jahrhunderte lebten Germanen und Slawen als direkte Nachbarn und der Limes entwickelte sich zu einer Art „Grünen Grenze“, deren übertreten toleriert wurde. Schwieriger war dagegen die Situation zwischen den Fürsten der einzelnen Slawenstämme, die in diesen Jahrhunderten mehrmals gegeneinander Krieg führten, meist im Streit über die Religion, da einige Stämme christlich, andere heidnisch orientiert waren. Die christlichen Slawen verbündeten sich im 12. Jahrhundert sogar mit den starken Sachsen und besiegten die heidnischen Stämme. Doch auch diese Verbindung war nicht von Dauer. 1143 wurde das Gebiet des Herzogtum Lauenburgs unter den germanischen Fürsten aufgeteilt.

Ritzerau anno 1576

Die Edlen von Ritzerau wurden 1222 erstmals erwähnt. Das Zehntregister des Ratzeburger Bischofs nennt im Jahr 1230 auch den Ort Ritzerau (Ritserowe). 1240 bezeugt eine Urkunde sowohl eine Adelsfamilie von Ritzerau als auch eine Wassermühle in dem gleichnamigen Ort. Die Gemeinde umfasste die Wohnplätze Dorf Ritzerau, Ritzerauer Hof und Abenrade. Die Familie Ritzerau war eines der mächtigsten und bedeutendsten Adelsgeschlechter im Herzogtum Lauenburg. Ihr Wappenzeichen waren zwei übereinander gestellte Turnierkragen. Das Burgschloss der Familie Ritzerau wurde am Nordufer des heutigen Ritzerauer Hofsees erbaut. Der Burghügel hatte eine Höhe von 5 Metern und einen Durchmesser von 38 Metern (im 19. Jahrhundert gemessen). Die Größe des Besitzes deutet darauf hin, dass die Familie schon Generationen vor der ersten urkundlichen Nennung im Besitz von Dorf und Hof Ritzerau war. Der Besitz ging weit über das heutige Gemeindegebiet hinaus. So traten die Herren von Ritzerau im Jahre 1306 sechs Hufen in Schlagsdorf ab und bekamen dafür Güter in Walksfelde. Im Jahre 1312 verkauften sie Lankow für 220 Mark lübscher Pfennige, im Jahre 1350 ihren Besitz in Mechow für 2000 Mark, und im Jahre 1370 schenkte Hartwig von Ritzerau Groß- und Klein-Molzahn an das Domkapitel, nachdem schon 1304 vier Mark Einkünfte aus Molzahn von den Ritzeraus zu Memorien, d. h. zu Seelenmessen für Verstorbene, gewidmet waren. Im Jahr 1399 verkauften die Ritzeraus dem Bischof alle Anrechte, die sie an Wald, Wiesen, Weide, Bruch, Moor und Torf in den Grenzen zwischen Dechow und Kuhlrade hatten.

Der Hof Ritzerau wurde 1407 an Lübeck verpfändet. 1465 und 1468 verkauften Hans und Otto von Ritzerau (= Vasallen des Herzogs Johann von Sachsen-Lauenburg) ihre Güter an Lübeck. Ein Jahrhundert lang lebten die zahlreichen Angehörigen des Geschlechtes der Edlen von Ritzerau vom Ausverkauf ihrer Besitzungen, bis zu ihrem Aussterben 1590. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erwarb der Rat der Stadt Lübeck den Rittersitz und das Dorf Ritzerau in Konkurrenz zum Herzog von Lauenburg. Auf Ritzerau wurde ein Vogt als Beamter des Rates eingesetzt, dessen Aufgabe die Bewirtschaftung und Beaufsichtigung des Schlosses und des zugehörigen Hofes war. Von da an trafen sich hansische Kaufleute auf dem Schloss Ritzerau, um sich mit Jagd und Fischfang zu vergnügen. 1560 wurde aus dem Vogt ein Amtmann. Im Juni 1562 fand zum ersten mal das Landgericht auf Schloss Ritzerau statt und von da an mehrmals im Jahr.

Die oben abgebildete Karte wurde im Jahr 1576 als Beweismittel in einem Gerichtsprozess von Daniel Frese gezeichnet (ausgestellt im Landesmuseum Schleswig-Holstein, Schloss Gottorf). Es wird der Reiseweg der Gerichtskommission wiedergegeben. Die Karte zeigt Nusse und Ritzerau (Lutke Ritzerow) sowie das Gut Ritzerauer Hof (Ritzerow). Die Karte wurde laut Landesmuseum aus einer Kutsche gezeichnet und sei daher nur verlässlich, soweit das Auge aus der Kutsche reichte. Aus heutiger Sicht ist die Lage von Poggensee nicht korrekt, welches südlich von Nusse liegt.

Karte 1735

Karte um 1735

Der 30jährige Krieg brachte Ritzerau 1625 Probleme in Form einer dänischen Einquartierung und des Winterquartiers Mansfelder Söldner. Das durch die Kriegswirren beschädigte alte Schloss wurde abgerissen und 1634 neu in Form einer Befestigungsanlage zum Schutz Lübecks wieder aufgebaut. In dem „Langen Saal“ des neuen Schlosses Ritzerau tagte wieder das Gericht. Das 1634 neu erbaute festungsartige Schloss wurde 1845 abgebrochen und das Landgericht 1851 verlegt.

Gut Ritzerau

Historische Ansicht des Gutes Ritzerau

1772 brannte das Dorf fast völlig ab und wurde aus Mitteln der Stadt Lübeck neu aufgebaut.  Die 1547 erbaute Ritzerauer Hofscheune wurde 1923 ebenfalls abgebrochen. 1841 hatte Ritzerau 218 Einwohner, weitere 47 Einwohner wohnten Ritzerauer Hof. 1878 begann man mit der Öffnung eines 20 m durchmessenden und 4 m hohen Ziegelgrabens. im Jahr 1908 war Ritzerau auf 246 Einwohner gewachsen, wobei Ritzerauer Hof mit 42 Einwohnern fast unverändert blieb.

Die Gemeinde gehörte bis zum Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 als Exklave zur Hansestadt Lübeck und kam dann zur damals preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Die Stadt Lübeck blieb jedoch weiterhin Eigentümer des Ritzerauer Forstes und der Domäne Hof Ritzerau.

Seit 1999 gehört die Domäne Hof Ritzerau dem Brillenunternehmer und Biobauern Günther Fielmann. Seit dem Jahr 2001 fördert Günther Fielmann wissenschaftliche Forschung auf dem Hof.

Ritzerau um 1900

Ritzerau um 1900